Geschichte

Vom Jamboree 2011 zu Rainbow Scouting

Das Weltpfadfindertreffen der Pfadfinder und Pfadfinderinnen 2011 in Schweden in Kristianstad mit über 40.000 Pfadis aus über 156 Ländern ist zum entscheidenden Moment für die Gründung der Initiative “Rainbow Scouting” geworden. Die beiden Initiativengründer, Günther “Güma” Marincelj und Philipp Pertl, waren als Mitarbeiter im internationalen Jamboreeteam dabei. Dort mussten sie selbst erleben, wie von höchster Stelle angeordnet wurde, dass ein gemütliches Austausch- und Diskussionstreffen von schwulen und lesbischen Pfadfinder_innen am Lagergelände nicht in Jamboreezeitung und Lagerradio angekündigt werden durfte. Da andere Aktionen natürlich in der Lagerzeitung beworben wurden, ist darin eine klare Diskriminierung von LGBT-Pfadfinder_innen zu sehen.

Auch ein Pride (Regenbogenparade) am Jamboreegelände wenige Tag später wurde von den Jamboreeverantwortlichen skeptisch betrachtet und ebenfalls im Lagerradio und der Jamboreezeitung zensuriert. Noch am Jamboree hat Philipp als Teamling des internationalen Presseteams in ein Kontingentstreffen aller Länder das Thema “LGBT – schwul/lesbische Jugendliche – Pfadfinderei und Akzeptanz” eingebracht und bei den Kontingentsleiter_innen für Diskussionen gesorgt – aber auch viel Zuspruch erhalten. Damit war der Startschuss für die Vernetzung von schwulen und lesbischen Pfadfinder_innen in Europa und weltweit gefallen.

Von Rainbow Scouting Vienna zu homosexuell

Diese Vorgehensweise am Jamboree, die Nicht-Unterstützung, Behinderung und Totschweigen, haben Güma und Philipp dazu bewogen im November 2011 gemeinsam die Initiative “Rainbow Scouting Vienna – eine Initiative für homosexuelle Pfadfinderinnen und Pfadfinder” zu gründen. Wichtig dabei war beiden die Unterstützung durch den Wiener Landesverband und die Landesleitung, deren Assistent Philipp war. Güma hatte als Ex-GuSp-Landesbeauftragter ebenfalls gute Kontakte zum LV Wien. Noch im November/Dezember 2011 wurde in derLandesleitungssitzung die Initiative beschlossen und als Logo die bunte Schwertlilie der finnischen LGBT-Pfadfinder_innen gewählt .

Im Jänner 2012 wurde dann “Rainbow Scouting Vienna” offiziell in der Landesleitungssitzung vorgestellt . Eine seltsame Bitte von höchster Stelle war allerdings, das Wort “homosexuell” durch “im Sinne von Rainbow” zu ersetzen, damit die Initiative bei Außenstehenden und Sponsoren sowie Eltern nicht „verfänglich“ erscheinen könnte. Rainbow Scouting Vienna konnte vorerst also nur „im Sinne von Rainbow“ durchstarten.

 Workshop und Beobachtung beim ersten Treffen im LV Wien

Güma und Philipp haben im Mai 2012 zu einem “Gayscouting” Workshop gelanden, der gemeinsam mit Vertretern der HOSI (Homosexuellen Initiative) Wien Peergroup stattfand und für großes Aufsehen sorgte. Das erste Treffen für schwule und lesbische Pfadfinder_innen im Juni 2012 im Wiener Landesverbandshaus war auch der Start für monatliche Treffen für LGBT-Pfadis, bei dem aber auch heterosexuelle Jugendliche und Erwachsene gern gesehene Gäste waren.

Mit September 2012 wechselte das Rainbow Scouting Vienna Team in verschiedene Lokale (Cafe Berg, Gugg, Pfadfinderheime), da das Wiener LV-Haus – auch durch die beschriebenen Unstimmigkeiten – nicht für regelmäßige Treffen zur Verfügung stand.

Das offizielle Rainbow Scouting Vienna wird die Privatintiative Rainbow Scouting Austria

Die monatlichen Treffen führten dazu, dass sich ein Kernteam aus 8-12 Leuten gefunden hat, das Pläne zu schmieden begann, Workshops und LGBT-Pfadfinder_innen-Veranstaltungen zu gestalten und zu organisieren. Im März 2013, nach der Neuwahl der Landesleitung und Nicht-mehr-Berufung von Philipp ins Landesteam, hat das Wiener Präsidium offiziell festgehalten, dass “Rainbow Scouting Vienna” eine Privatinitiative sei und daher nichts mit dem Wiener Landesverband zu tun habe. Auch der neu gewählte Landesleiter stellte klar, dass die Initiative eine private Sache sei, er aber auch“nichts dagegen hat”. Auch die offziellen PPÖ haben klargestellt, dass es eine reine Privatinitiative sei, die sich aber inhaltlich im Rahmen pfadfinderischer Arbeit bewegt. Finanziell bedeutete das daher, dass sämtliche Kosten von den Initiativen-Mitgliedern selbst getragen werden müssen.

In dieser Situation änderten die Initiativengründer gemeinsam mit dem mittlerweile 8-köpfigen Rainbow Team den Namen auf “Rainbow Scouting Austria”.  Ab Herbst 2013 fanden die Treffen als Stammtische im Cafe Berg statt und sind zu Themen- Diskussions- und Vernetzungstreffen von schwulen, lesbischen, bi- und heterosexuellen sowie transgender Pfadfinder_innen geworden.

Workshops, Präsentationen, Infostände: Zwischen voller Unterstützung und Zensur

Den allerersten Workshop hat das Rainbow Scouting Team bei der Leiter_innen-Klausur der Gruppe Baden im August 2013 veranstaltet. Weiter ging es mit einem Infostand auf der oberösterreichischen Landestagung , danach folgten Workshops für Wiener Pfadfindergruppen, die Information bei der Bundestagung 2013, die LandesleiterInnentagung in Wien & Burgenland und die LV Bar des LV Steiermark. Auf Einladung der Niederösterreichischen Landesredaktion der Pfadfinder_innen-Zeitung “Kontakte” hat das Rainbow Scouting Team einen Artikel geschrieben, der schließlich von “höchster Stelle“ des LV NÖ aus der Landeszeitung gestrichen wurde – was zu Anfragen und Protesten einiger Gruppen an das Präsidium und die NÖ Landesleitung führte.

Besonders wichtig ist uns die Arbeit direkt mit Jugendlichen: Im Frühsommer 2014 freuten wir uns daher über eine Einladung zum CaEx Bundeslager “Bunt 2014″ in St. Georgen und zum Bundespfingsttreffen der Ranger/Rover “Pratzen Z´samm” in Wien. Im August 2014 waren wir vier Tage zu Gast am WURZL2014, dem Landeslager der Salzburger Pfadfinder_innen.

Der erste Rainbow Scouting Austria Truck mit car2go auf der Regenbogenparade

Sensationell war der Auftritt der Rainbow Scouts bei der größten Parade/Demonstration von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender Menschen in Österreich. Ein bunt gemischtes Rainbow Scouting Team aus RaRo, JugendleiterInnen und Rainbow Scouts organisierte mit kräftiger finanzieller Unterstützung von car2go einen eigenen Truck auf der Wiener Regenbogenparade. Über 100.000 Menschen waren am 14. Juni 2014 auf der Wiener Ringstraße dabei, als mit Startnummer “53″ der Rainbow Scouting Truck an den Start ging.

Das Medienecho war enorm, vom TV-Sender W24, Radio Arabella, dem Kurier bis zu orf.at wurde von schwulen und lesbischen Pfadfinder_innen berichtet, die erstmals bei der Regenbogenparade dabei sind. Duzende Pfadfinderfreunde und -Freundinnen besuchten den Rainbow Scouting Austria Truck und Wiener RaRo sorgten mit der “Rocky Horror Show” für ein besonderes Highlight. Eine tolle Auszeichnung für das Engagement war die Platzierung als zweitbester Truck der Parade 2014.

Verstärkte Zusammenarbeit mit den PPÖ

2015 begann unsere verstärkte Zusammenarbeit mit den „offiziellen“ PPÖ. Wir bringen unser Know-How ins Diversity-Referat ein, arbeiten am Vielfaltsbereich der Vision2028 und präsentieren unsere Methoden und Ideen auch auf europäischer Ebene beim Overture Network. Ein Stand am thx a lot 2 zeigte uns, wie viel Rückhalt und Anerkennung uns auf allen Ebenen des Verbands entgegengebracht wird. Einladungen zu den Landestagungen vieler Landesverbände bestärken diese Wahrnehmung. Im Oktober 2015 schließlich wurden die Aktivitäten der RSA bereits auf der Bundestagung als Präsentation erwähnt.